1970 Geburt des Pusteblumenbrunnens
Ende der 60er Jahre kam die Bildhauerin Leonie Wirth in die Kunstschmiede meines Großvaters Karl Bergmann. Mit sich führte sie ein erstes Anschauungsmodell des Brunnens, bestehend aus unterschiedlich großen Knetmassekugeln, gespickt mit Stecknadeln. Dieses Modell war die Grundlage für die Brunnenanlage, wie sie heute wieder zu sehen ist.
Die Herstellung der Skulpturen aus nichtrostendem Chrom-/Nickel-Stahl war damals Neuland für meinen Großvater und seine Mitarbeiter. Neue Schweißverfahren wurden eingeführt und erlernt. Die Behandlung und den Umgang mit den besonderen Eigenschaften des Edelstahls musste man sich ebenfalls erst erarbeiten. Mein Vater Peter Bergmann tüftelte die Düsen aus, für die es damals ebenfalls kein Vorbild oder gar ein Fertigprodukt gab.
Für die Kugeln trieb man einzelne Segmente aus Edelstahlblech. Apfelsinenschalengleich wurden sie zusammengesetzt und verschweißt. Dann beizte man alle Schweißnähte und verschliff sie, bis sie nicht mehr zu erkennen waren. Die 274 Hülsen für die Düsenrohre mussten einer Sisyphusarbeit gleich, eingebohrt und ebenfalls verschweißt werden.
Die Rohre für die Düsen sind extra dickwandig ausgelegt, denn damals hoffte man, dass dies gegen Vandalismus ausreichend ist.
Fertiggestellt war der Pusteblumenbrunnen im September 1970. Da war ich gerade 4 Monate alt.
2004 Umbau der Prager Straße
Im Zuge der Umgestaltung der Prager Straße im Jahr 2004, entfernte man alle alten Brunnen. Leider meinte die ausführende Baufirma, auf unsere Hilfe verzichten zu können. Einige Teile war bereits rabiat von den Fundamenten getrennt und zerteilt, als mein Vater hinzueilte, um mit seinem Wissen noch schlimmeren Schaden abzuwenden. Die meisten Teile konstruierte er damals nämlich montagefreundlich und so konnten sie mit geringem Mehraufwand an Verstand und Wissen ordendlich demontiert werden.
Die kleine Dreiergruppe der Pusteblumen sollte wieder aufgestellt werden. Diesen Auftrag übernahm die Werkstatt meines Vaters. Ich war zu dem Zeitpunkt schon viele Jahre als Meister bei ihm tätig und übernahm die Planung, konstruktive Details und Bauleitung. Ende 2004 stellten wir diese Brunnenanlage fertig.
Da die massive Winterabdeckung der Brunnenbecken zum drüberlaufen einlud, wurde auch ein Schutz für die Kugeln nötig. Meine Idee, diese mit großen Kugelsegmenten aus Drahtgewebe zu verkleiden, konnten wir bis zum Ende 2005 verwirklichen.
2009 Wiedergeburt
Ende Juni 2008 erhielt ich - seit April selbständig - den Auftrag, die Brunnenplastiken hier am Albert-Wolf-Platz wieder so aufzustellen, wie sie ursprünglich auf der Prager Straße angeordnet waren.
Alle Brunnenteile mit Ausnahme der kleinen Pusteblumen-Dreiergruppe sind Originale des Brunnens der Prager Straße. Diese mussten aufwändig gereinigt werden. Deformierungen waren auszurichten. Außerdem musste die Verrohrung dem jetzigen Standort entsprechend umgebaut und die damals unfachmännisch zerteilten Elemente erneuert werden.
Die Herstellung der neuen Kugeln ist heute einfacher. Ich konnte auf für solche Aufgaben spezialisierte Betriebe zurückgreifen. Diese fertigen Halbschalen auf riesigen Drückbänken, welche dann mit einer äquatorialen Schweißnaht verbunden werden.
Die Düsen habe ich aus Fertigungs- und Strömungstechnischen Gründen neu konstruiert.
Immer wieder Vandalen
Seit der Einweihung des Brunnens am 5.5.2009 rückte ich regelmäßig aus, um Vandalismusschäden zu beheben. Insgesamt richtete ich seit dem 87 mal Düsenrohre wieder gerade. Aus diesem Grund erhielt ich im April 2011 den Auftrag, auch diesen Brunnen mit einer Winterverkleidung analog Prager Straße auszustatten. Seit dem musste ich dort keine Schäden mehr beseitigen.
3.5.2013 Alexander Bergmann